TOP
Au Pairing Travel

26. Januar 2019 – Happy Australia / Survival Day

Die darauf folgende Woche verläuft ganz entspannt, da ja immer noch Schulferien sind. Ich stehe also jeden Tag auf, sobald die Kids wach werden, was mal früher und mal später ist. Die ersten Tage fühle ich mich noch etwas ausgelaugt, was aber höchst wahrscheinlich an dem noch verbliebenen Jetlag und dem Stress der vergangenen Wochen liegt.
Wenn ich von Stress spreche, meine ich nicht den üblichen Stress auf der Arbeit, sondern eher den emotionalen und positiven Stress, den die dauernden Abschiede mit sich brachten. Langsam fange ich an, alle Geschehnisse, alle Worte, alle Tränen und alle Ängste, sowie Sorgen zu verarbeiten. Ich bin angekommen. Ich habe das Schlimmste hinter mir und ich freue mich auf den Alltag mit dieser Familie in diesem schönen und warmen Land hier. Warm ist untertrieben. Es ist heiß, richtig heiß und ich schwitze bei jedem Gang vor die Tür. Aber ich genieße es, wie sehr habe ich die Sonne nur vermisst! Wir gehen oft in den Pool im Garten, zusammen mit den Kindern. Während sie mit ihren kleinen Schwimmflügeln plantschen, unterhalten Michelle und ich uns über alles mögliche. Die Themen reichen vom Wetter in Deutschland, über Kleidung, bis hin zu Nagellackfarben und wir verstehen uns wirklich gut. Der große Vorteil ist, dass zwischen uns nur 10 Jahre liegen, was zu einem eher freundschaftlichen Verhältnis führt. Ich bin erleichtert! Ich hatte wirklich große Angst, dass das Verhältnis zwischen uns angespannt sein könnte. Warum mache ich mir immer über alles so viele Gedanken und Sorgen? Vollkommen unnötig.
Ben ist oft unterwegs währenddessen oder er arbeitet am Haus weiter. Ben ist Elektriker und arbeitet in einer Firma in einer Leitungsposition, möchte sich jedoch zeitnah selbständig machen, weshalb er eigentlich immer irgendetwas zu tun hat. Wenn er nicht gerade auf der Arbeit ist, telefoniert er mit seinen Kollegen, die gefühlte 100 Fragen an ihn haben oder er arbeitet an seinem Projekt, eine eigene Firma zu gründen. Und nebenbei renoviert er noch das Haus und das alles in der australischen Gemütlichkeit. Wann das Haus wohl einmal fertig sein wird und wie es dann aussieht?

Auch die Großeltern und Bens Bruder lerne ich im Laufe der Woche kennen, alles unglaublich nette und herzliche Menschen! Sie nehmen mich alle sofort in den Arm, sagen immer wieder, wie sehr sie sich auf mich gefreut haben und wie dankbar sie sind, dass ich nun endlich da bin! Ich fühle mich sofort als Teil der Familie, denn da sind keine unangenehmen Fragen, keine zweifelnden Blicke und überhaupt kein Gefühl des Misstrauens oder Voreingenommenheit. Ich werde von der ersten Sekunde an in Gespräche mit eingebunden, nach meiner Meinung zu allen möglichen Themen gefragt und mit Komplimenten überschüttet. Als wäre ich schon immer hier gewesen und ein fester Bestandteil der Familie.
Es ist Freitag als wir alle gemeinsam in der Küche stehen. Freitags habe ich offiziell ab 10 Uhr Wochenende, aber natürlich schließe ich mich dann nicht in meinem Zimmer ein. Ich habe mich fertig gemacht und meinen Daypack gepackt, denn ich fahre gleich zu Madeline zum Bondi Beach. Ich habe 2 Nächte in dem Hostel gebucht, indem sie wohnt, damit wir das Wochenende gemeinsam verbringen können und abends von der Stadt aus zusammen fahren können. Safety first! Morgen, am Samstag den 26.Januar, ist Australia Day und den wollen wir in Sydney verbringen! Da wird etwas los sein.
Da Michelle Geschichtslehrerin ist, konnte sie mir natürlich sehr viel im Vorfeld über diesen Tag erzählen.

 

Der Australia Day ist der offizielle Nationalfeiertag in Australien und er erinnert an die Ankunft der First Fleet (deutsch: erste Flotte) in Sydney Cove am 26. Januar 1788, welche am 13. Mai 1787 England verließ, um Australien zu besiedeln. An Bord der Schiffe waren ein Großteil an Strafgefangenen, mehr Strafgefangene als andere Besatzungsmitglieder. Diese wollte man aus Angst vor Seuchen und Revolten in Australien unterbringen, nachdem sie in Nordamerika mit Beginn des Unabhängigkeitskrieges nicht mehr bleiben konnten ohne eine genaue Vorstellung davon zu haben, wie das ganze am Ende aussehen sollte.
Für die meisten Australier ist der Australia Day ein gewöhnlicher Feiertag und vor allem die jüngeren Generationen stehen dem ganzen neutral gegenüber. Für einen Teil der australischen Bevölkerung, vor allem für die Ureinwohner, die Aborigines, ist der Australia Day jedoch kein Grund zum Feiern und sie fühlen sich deshalb missverstanden und sogar respektlos behandelt. Das hat vor allem den Grund, dass die Aborigines zur Zeit der Ansiedlung durch die Briten, viel Leid erfahren mussten. Sie wurden unterdrückt, von ihrem Lebensraum verdrängt und zum Teil ausgerottet. Bevor Fremde ihr Land besiedelten gab es kaum Krankheiten, auch wenn sie vermutlich schon seit Jahrhunderten Handel mit indonesischen Fischern und Händlern aus China und Indien betrieben. Als die Briten sich letztendlich in Australien ansiedelten, konnten sie mit dem für sie unbekannten Klima nicht umgehen und hatten Schwierigkeiten, Nahrungsmittel anzubauen. Sie waren also gezwungen, Handel mit den Aborigines zu betreiben und von ihnen zu lernen. Mit der Zeit kam es natürlich zu Konflikten um den Zugang zu Nahrungsquellen und Land, da immer mehr Briten sich ansiedelten. Außerdem brachten sie eine Pockenepidemie mit, was dazu führte, dass ca. 50% der Ureinwohner um 1789 starben.
Das hat den Grund weshalb ein Teil der Australier den Australia Day auch Invasion Day oder Survival Day nennen und weshalb dieser Tag immer mehr in der Kritik steht. Immer wieder kommt es im Zuge dessen auch zu Protesten an diesem Tag, da sich die Aborigines eine Verschiebung des Nationalfeiertags auf einen anderen Tag wünschen, bisher leider ohne Erfolg.

 

„Oh Darling, du siehst hübsch aus!“, sagen „Nanny“, „Gran“ und Michelle im Chor. „Was für ein hübsches Oberteil!“.
„Dankeschön“, antworte ich. Ben fährt mich zum nahegelegenen Bahnhof, sodass ich es leichter habe, in die Stadt zu kommen. Von dort muss ich dann nämlich noch weiter bis Bondi, einem angesagten Stadtteil am bekannten Bondi Beach, wo sich viele Surfer und selbsternannte It-Girls tummeln sollen. 1 1/2 Stunden werde ich unterwegs sein, aber ich freue mich wie ein kleines Kind an Weihnachten. Endlich das Meer sehen!! Ich kann es kaum erwarten! Und das Hostel war sogar ein richtiges Schnäppchen, da ich es Last Minute erst am Abend vorher gebucht habe. Für 2 Nächte umgerechnet 37 Euro. 4 Bettzimmer, privates Bad. Na da bin ich aber mal gespannt.

Als ich endlich nach einer gefühlten Ewigkeit und 3 Mal umsteigen ( 2 Züge und ein Bus ) ankomme, habe ich Schmetterlinge im Bauch. Da ist es endlich, das Meer! Tief blau und klar, mit einem schönen, hellen Sand und Palmen. Ich kann es kaum glauben. Wie habe ich es vermisst!!

Ich muss sowieso noch ein paar Minuten auf Madeline warten, bis sie mich abholt, weil ich eine Haltestelle zu spät ausgestiegen bin. Busfahren ist hier so eine Sache für sich. Keine Anzeige im Bus, 1.000 Haltestellen und Busfahrer die fahren, als hätten sie Angst zu spät zur Geburt ihres Kindes zu kommen. No worries, so kann ich mir in Ruhe ein paar Minuten am Strand nehmen, den wunderschönen Ausblick genießen und ein paar Fotos schießen.

Den Freitag Abend verbringen wir dann damit erst einmal meine Sachen ins Hostel zu bringen und etwas entlang der Promenade zu spazieren. Später treffen wir uns noch mit 2 unglaublich netten Deutschen, die Madeline schon vorher einige Male getroffen hat, Kira und Marc. Gemeinsam laufen wir durch Sydney, auf der Suche nach einem guten Spot für den Abend. Wir enden im Hyde Park, dem ältesten öffentlichen Park in Sydney, der nach dem Hyde Park in London benannt wurde.
Hier steht, mitten im Park, eine Art Zirkuszelt. Neben dem Zelt ein kleiner Platz, der mit eingezäunt ist, dekoriert mit vielen bunten Lichterketten. Es dröhnt laut Musik aus dem Zelt und auch von dem daneben liegenden Platz kommt Musik. Wir sind neugierig und fragen, ob man Eintritt zahlen muss. Kein Eintritt, peeerfect! Wir gehen einmal um das Zelt bis hin zum Platz. Überall verrückt und bunt gekleidete Menschen, mit Glitzer-Make-Up, sowohl Männer, als auch Frauen, die tanzen und singen wo sie eben gerade stehen. Wir genehmigen uns 1 – 2 Drinks und lassen uns einfach mit treiben, alle hier haben so gute Laune, dass es einfach ansteckt. Die Stimmung ist grandios! Um kurz vor Mitternacht finden wir uns im Innern des Zeltes wieder, wo ein kleiner DJ-Pult in der Mitte aufgebaut ist, von dem ein Steg wegführt, auf dem einige Tänzer, ebenfalls bunt gekleidet und mit Glitzer versehen, fast schon wie in Extase tanzen. Noch nie habe ich auf einer Veranstaltung gesehen, dass die Menschen so ausgelassen und hemmungslos tanzten. Es scheint hier allen total egal zu sein, wie sie dabei aussehen und was andere von ihnen halten können. Wir 4 Deutschen, in mitten der ganzen Meute, schauen uns immer wieder verstohlene, überraschte, aber auch beeindruckte Blicke zu, da keiner von uns je so ein Spektakel miterlebt hat. Aber auch wir können irgendwann nicht mehr stillhalten und lassen uns wieder einfach mitziehen von der grandiosen Stimmung. Es fühlt sich toll an, einfach loszulassen und sich von der Musik treiben zu lassen. Um Punkt 00:00 Uhr verstummt die Musik dann plötzlich. Einer der DJs/Tänzer, der mittlerweile seinen pinken Lack-Overall zur Hälfte heruntergezogen hat, hält eine Rede, denn nun ist es soweit: Der Australia Day 2019 beginnt. Er erzählt von dem großartigen Fest, das uns bevor steht und dass wir allen Grund haben um fröhlich zu sein. Dann wird er ernst und er lenkt seine Rede auf die Geschichte Australiens. Er bittet uns, uns auf den Boden zu setzen, um gemeinsam über das ernste Thema, nämlich über das Leiden der Aborigines zu sprechen. Wirklich ausnahmslos jeder in diesem Zelt setzt sich auf den Boden und alle lauschen gespannt seinen Worten. Gänsehautmoment. Er bittet uns, am heutigen Tag auch den Aborigines zu gedenken, die dieses großartige Land nun mit uns teilen und dass wir ihr Leiden damals niemals vergessen dürfen. Am Ende seiner Rede schweigen wir alle gemeinsam eine Minute und dann, was auch sonst, reicht er ein traditionelles australisches Gebäck herum, ANZAC Biscuits. Danach geht die etwas verrückte Party weiter.

Wir kommen erst recht spät nach Hause, denn wir ziehen, nachdem wir das Zelt verlassen haben noch etwas weiter Richtung Darlinghurst, einem kleinen, trendigen Stadtteil von Sydney mit einem regen Nachtleben.
Nach 4 Stunden Schlaf bin ich am nächsten Morgen schon wieder hellwach. Was ist da los? Seitdem ich mein Jetlag überwunden habe, werde ich jeden Tag noch vor meinem Wecker wach, meistens nach nur wenigen Stunden Schlaf. Ich fühle mich so fit wie noch nie. Ob ich wohl so unter Strom stehe, durch all das Neue und Unbekannte? Ich schaue auf mein Handy. Noch keine Nachricht. Hmm… Madeline wollte mir schreiben, sobald sie wach ist. Gegen 12 Uhr treffen wir Kira und Marc hier in Bondi Beach zum Kaffee. Bis dahin ist noch viel Zeit und so entschließe ich mich, aufzustehen und etwas spazieren zu gehen am Strand und uns Frühstück zu kaufen.
Als ich zurück komme zum Hostel, ist Madeline endlich wach. Wir frühstücken zusammen und machen uns dann auch schon auf den Weg, um die beiden Berliner zu treffen und um nach dem Kaffee mit ihnen in die Stadt zu fahren. Laut meinen Gasteltern soll heute den ganzen Tag etwas los sein in Sydney. Eine einzige große Party überall in der Stadt um den Australia Day gebührend zu feiern.

Wir verbringen den Tag also damit, durch die Stadt zu laufen und uns alles anzusehen. In vielen Vierteln sind heute Märkte, Streetfood Stände und Bühnen, auf denen laut Live Musik gespielt wird. Manche Plätze sind abgesperrt und werden nach Waffen und Glasflaschen kontrolliert. Und überall bekommt man Australien Fähnchen in die Hand gedrückt. Manche Menschen haben sie sogar ins Gesicht gemalt. Überall wird ausgelassen gefeiert.

AUSTRALIA DAY
Am Abend suchen wir uns dann einen Platz am Hafen, denn dort soll später eine große Show veranstaltet werden. In der Mitte des Hafens steht eine Leinwand, die man von beiden Seiten betrachten kann. Auf dieser wird gleich anscheinend das ganze Spektakel übertragen. Überall entlang des Hafens stehen Lautsprecher und nicht wenige Menschen haben sich Klappstühle mitgebracht und sich bereits in erster Reihe platziert, um die beste Sicht zu haben. Keine dumme Idee! Ich wünschte, wir hätten das auch gemacht, denn vom ganzen Laufen tun uns die Füße ziemlich weh. Aber was soll’s. Dabei sein ist alles oder wie war das?
Als die Show dann beginnt, bin ich ziemlich beeindruckt. Der ganze Hafen ist voller Menschen. Auf dem Vorplatz des Opera House steht die wohl größte Bühne an diesem Abend und dort werden einige sehr bekannte australische Musiker auftreten, sowie Aborigines, die ihre traditionelle Musik und Tänze zeigen werden! Es ist kaum in Worte zu fassen und ich habe mehrmals an diesem Abend eine ordentliche Gänsehaut. Der wohl bewegendste Moment ist, als eine Sängerin die australische Nationalhymne singt und der ganze Hafen mit einstimmt. Mittlerweile ist es dunkel und es gibt eine unglaubliche Lichtershow, sowie Feuerwerk währenddessen. Segelboote mit Lichterketten geschmückt fahren durch den Hafen. Wow! Diesen Abend werde ich so schnell nicht vergessen!

Nach der Show am Abend sind wir zwar total erledigt, entscheiden uns jedoch trotzdem noch einmal in das Darlinghurst Viertel zu fahren, um weiter zu feiern. Australia Day ist schließlich nur einmal im Jahr! Und wir sind dabei, das müssen wir ausnutzen! Also suchen wir uns eine der Bars mit freiem Eintritt, genehmigen uns einen Drink mit dem wir auf den Tag anstoßen, tanzen, bis wir kaum noch einen Schritt gehen können und fallen am Morgen total k.o. ins Bett, obwohl ich nur wenige Stunden später doch schon wieder auschecken muss. Aber es hat sich gelohnt und dafür nehme ich das gerne in Kauf, denn ich bin froh das alles miterlebt haben zu dürfen!

Happy Australia / Survival Day ! 🇦🇺 

goodlifestories

«

»

💕 lasst mir gern einen Kommentar da 💕

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ich akzeptiere

follow me on @anna.amaraa