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Au Pairing

Alltag, Kapitel 3 – der Supermarktdschungel

Noah versucht Harper hinterher zu laufen, nachdem wir uns von ihr verabschiedet haben und sie zu ihren Freunden läuft. Ich schaffe es so gerade noch, ihn am Arm zu packen und festzuhalten, was er überhaupt nicht gut findet und lauthals anfängt zu brüllen. „Selber, selber, seeeeeelber“, brüllt er lauthals, was soviel bedeutet wie ich möchte selbst laufen!!
„Darfst du auch, aber in die andere Richtung. Schon vergessen? Wir wollen doch einkaufen gehen!“
„Jaaa, Shooooopppp (dt.: Laden)“, ruft  Noah mit einem breiten Grinsen, das mich extrem an seinen Vater erinnert. Wir machen uns auf den Weg, den Hügel hinauf und auf halbem Weg bleibt Noah abrupt stehen. Ich ahne schon was jetzt kommt. „Trag mich, traaaag mich!!!!!“, erwartungsvoll steht er vor mir und schaut mich an.
„Ehm, Noah ich denke, du kannst alleine laufen und musst nicht getragen werden.“, ist meine Antwort, welche er mir mit einem lauten Kreischen und Stampfen mit den Füßen dankt. Großartig.
„Okay, dann gehe ich eben alleine und du musst hier bleiben, alleine auf dem Schulhof. Die anderen Kinder müssen nämlich jetzt in den Unterricht.“, sage ich zu ihm und gehe ohne ihn anzuschauen weiter. Er wirkt verdutzt im ersten Moment, aber dann sagt er nur fröhlich: „Okay!“.
Als ich mich dann umdrehe, ist er schon auf halbem Weg in die Richtung, wo Harper mit ihren Freundinnen aufgeregt umherrennt. Wieso klappt so etwas bei allen anderen Kindern, nur bei ihm nicht? 
Ich laufe ihm hinterher, packe erneut seinen Arm und ziehe ihn etwas unsanft hinter mir her, den Berg hinauf. Sein lautes Schreien und Weinen versuche ich zu ignorieren, genauso wie die mitleidigen Blicke der anderen Eltern. Einfach lächeln und weitergehen. Am Ende des Hügels angekommen, gehe ich in die Hocke und schaue Noah ins Gesicht: „Hörmal. Ich hab auch keine Lust den Hügel hochzulaufen und erst Recht möchte ich nicht einen so schweren kleinen Jungen dabei tragen, der einfach viiiiiel zu viele Süßigkeiten isst und deshalb schwerer und schwerer wird. Sollen wir jetzt endlich zum Supermarkt fahren?“
Noah zieht eine Schnute, die beinahe bis zum Boden reicht und seine Augen glänzen. „Okay“, sagt er kleinlaut.

Als wir endlich wieder im Auto sitzen sieht die Welt schon wieder komplett anders aus. Fröhlich ruft Noah immer und immer wieder „Shop, big (dt.:groß/e/er/es) shop!“ und damit meint er eigentlich das große Shoppingcenter, wo wir allerdings nicht hinfahren. Und deshalb gibt es einen erneuten Stimmungsumschwung, als wir an der großen Kreuzung neben der Schule nicht nach links abbiegen, sondern geradeaus weiterfahren, was Noah ganz und gar nicht gut findet.
„Noooooooo (dt.: nein), big SHOP“ , weint er und dann kommt er nicht mehr aus seiner Heulattacke heraus bis wir auf den Supermarktparkplatz bei uns um die Ecke fahren.
Es gibt hier in Australien 3 große Supermarktketten und einige unter euch treuen Lesern werden gleich lachen. Coles, Woolworth und ALDI. Ja richtig gelesen, hier in Australien gibt es die deutsche Supermarktkette Aldi. Sogar Lidl soll bald nach down under kommen. Allerdings bevorzuge ich den Woolworth, hier auch kurz Woolies genannt, mehr. Warum, kann ich gar nicht so genau sagen. Ein großer Pluspunkt ist allerdings, dass ein Woolies nicht weit von unserem Haus entfernt ist. Gerade heute habe ich nur wenig Lust, eine längere Fahrt auf mich zu nehmen und ich habe auch keine Lust morgen nach der Sprachtherapie von Noah noch einkaufen zu gehen.

Seit einiger Zeit schon gehen wir jetzt nämlich zur Sprachtherapie mit ihm, da er für sein Alter kaum gesprochen hat als ich angekommen bin und im Prinzip nur einzelne Worte sagen konnte. Mittlerweile redet er immer mehr und Emma, unsere Sprachtherapeutin sagte, dass wir nur noch wenige Sitzungen brauchen. Gott sei Dank.
An den Tagen, an denen wir dorthin müssen, ist es immer besonders stressig, weil wir morgens schon um viertel vor 9 dort sein müssen. Das bedeutet quasi, dass ich Noah und Harper morgens pausenlos mehr oder weniger anschreien muss und ihnen hinterherlaufen muss, damit wir am Ende trotzdem zu spät im Auto sitzen und Noah und ich dann nur 15 Minuten haben, uns durch den Berufsverkehr zu schlängeln. Manchmal gehen wir dann danach noch einkaufen, aber heute nicht. Heute ist es zu kalt, um auf den Spielplatz zu gehen oder um spazieren zu gehen und deshalb bin ich froh, wenn wir eine andere Beschäftigung haben.
Eigentlich erwartet niemand von mir, einkaufen zu gehen, aber ehrlich gesagt mache ich es sehr gerne. Zum einen habe ich dann die Kontrolle über das, was wir im Haus haben und zum anderen darf ich auch kochen worauf ich Lust habe und alle essen es mit! Naja, meistens jedenfalls. Manchmal haben die Kinder keine Lust, neues Essen zu probieren oder sie sind zu satt von all den Snacks, die sie vorher schon hatten. Vor allem wenn Mama und Papa da sind, dürfen sie nämlich essen was und so viel sie wollen.
Das ist wohl einer der größten Unterschiede zur deutschen Erziehung und das war auch etwas, woran ich mich erst einmal gewöhnen musste. Stimmt eigentlich nicht ganz, denn ich sehe den Sinn dahinter nicht und deshalb versuche ich, die beiden dahingehend zu erziehen, nicht einfach die Schränke mit ihren 5 und 2 1/2 Jahren zu öffnen wann sie Lust haben und sich selbst unbegrenzt irgendetwas herauszunehmen. Schon das ein oder andere Mal gab es deshalb Tränen oder Gebrüll, aber mittlerweile fragen sie meistens ganz brav, wenn sie etwas haben möchten.
Nur Montags oftmals nicht. Jeden Montag scheine ich wieder von vorne anfangen zu müssen mit meiner deutschen Erziehung. Als würden die Kids übers Wochenende alles vergessen, weil ihre Eltern sie was das Essen angeht einfach machen lassen. Und nicht zu vergessen ist der Freitag, an dem die Großeltern da sind und sie sogar manchmal die Uroma besuchen. Da gibt es natürlich wie bei allen Großeltern Massen an Süßigkeiten, Gebäck und anderem Essen. Der Gedanke lässt mich schmunzeln. Bei meiner Oma gab es immer Nimm2 – Bonbons oder Kekse. Ob Kinder deshalb ihre Großeltern ganz besonders lieben?

Noah und ich sind auf dem Parkplatz angekommen. Jetzt heißt es, ihn davon zu überzeugen, dass Einkaufswagen cooler sind als selbst herumzulaufen durch das Supermarkt Labyrinth. Ich nehme seine Hand und wir laufen zu den Wagen.
„Nein, nein, neeeeeein. Laufen, laufen!“, schreit Noah, als er versteht, was ich vorhabe.
Auf gar keinen Fall! „Noah, du kannst mir viel besser helfen, wenn du im Wagen sitzt. Wem soll ich denn sonst die Sachen angeben?“, versuche ich es.
Er schaut skeptisch, aber lässt sich dennoch von mir in den Wagen hieven. „Dort hinein!“, befiehlt er mit einem Ton, der ganz nach seiner Schwester klingt.
„Nein schau mal, hier ist der Sitz für die Assistenten!“, sage ich zu ihm und setze ihn in den Kindersitz. Das findet er so gar nicht lustig und fängt an, um sich zu schlagen und zu schreien. Und was jetzt?
„Hey, wie wäre es mit Schokomilch Noah?“, seine Augen strahlen mich plötzlich an.
„Oh jaaaa, bitte, bitte (bitte sagt er sogar auf deutsch)!“.
„Okay, kaufe ich dir gern. Allerdings ist die Schokomilch nur für Jungs, die ganz brav und still sind im Supermarkt.“
„Ooookaayy.“, antwortet er mit einem Augenrollen. 2 Jährige können schon Augen rollen? 
Als erstes geht es für uns immer in die Obst- und Gemüseabteilung und dort wird unser Einkaufswagen auch am allermeisten gefüllt. Nicht nur ich liebe Obst und Gemüse, vor allem die Kinder lieben es! Wer hätte das gedacht?! Noah liebt beispielsweise Bananen, Blaubeeren und Himbeeren über alles. Es gibt Tage, an denen isst er 3 Bananen und eine ganze Packung Blaubeeren. Als ich gerade ankam, hat er jeden Morgen Joghurt gegessen und dann als Snack eine Banane. Mir ist allerdings aufgefallen, dass er kleine Pickelchen überall am Körper hatte und dann habe ich relativ schnell angefangen, Milchprodukte aus seinem Ernährungsplan zu streichen. Ist ja kein Wunder bei dem ganzen Joghurt, Käse und der Schokoladenmilch…

Gott sei Dank ist Australien sehr weit fortgeschritten was die Herstellung und den Verkauf von pflanzlichen Lebensmitteln angeht und so hab ich eine Soja-Schokomilch gefunden und sie Noah angefangen zu geben. Den Unterschied hat er gar nicht bemerkt. Für ihn ist es einfach eine große Flasche mit Schokomilch drin. Gewundert hat es mich dann auch nicht, als „chocolate milk“ einer der ersten 2-Wort-Begriffe war, die er sagen konnte. Auch die Kuhmilch habe ich mit und mit dann durch alle möglichen pflanzlichen Milchsorten ausgetauscht. Soja-, Hafer-, Kokos-, Mandel- und Erbsenmilch stehen nun in unserem Kühlschrank anstelle der Vollfett- und fettarmen Kuhmilch. Ich bin der Meinung, kein Kind muss Pickelchen auf der Haut haben oder eine juckende, irritierte Haut. Und siehe da, nach einigen Wochen ist Noahs Haut aufgeklärt und er beschwert sich auch nicht mehr so häufig über einen juckenden Popo. Vor allem auf seinen Armen und Beinen sieht man einen enormen Unterschied. Und es ist nicht so, dass er überhaupt keine Milchprodukte mehr zu sich nimmt. Ab und zu isst er immer noch Käse oder Sour Cream zum Dinner, aber nichts geht mehr ohne seine Soja-Schokomilch und den Kokosjoghurt, den man hier mit allen möglichen Fruchtpürees kaufen kann.
Harper zu überzeugen, Pflanzenmilch zu trinken war etwas schwieriger, da sie natürlich mit ihren 5 Jahren schon eine Menge hinterfragt. Natürlich hätte ich ihr einfach die Kuhmilch weiter geben können zu ihrem Müsli am Morgen, aber das wäre etwas unfair und schwer zu verstehen gewesen für Noah. Und da ich mich seit einiger Zeit mit gesundheitlichen, ethischen und Umweltthemen bezüglich tierischen Produkten beschäftige, habe ich meine Argumente das allererste Mal bei ihr angewandt:
„Weißt du denn, wo deine Milch herkommt?“, frage ich sie eines Morgens.
„Na klar, die Kühe geben sie uns!“, antwortet sie.
„Geben die Kühe uns die Milch freiwillig, was denkst du?“, frage ich erneut und sie sieht mich überrascht an. Man sieht richtig, wie ihr kleines Gehirn arbeitet und Harper ist verdammt schlau für ihr Alter.
„Wir nehmen sie uns und dafür bekommen die Kühe Futter.“
„Wusstest du, dass in dem Futter unter anderem Medikamente mit hineingemischt werden? Diese Medikamente trinkst du auch, wenn du die Milch trinkst! Außerdem sind in deiner Milch so viele Bakterien (ich persönlich finde Milch schon länger ekelig), dass sie erst einmal gekocht werden muss, damit all die Bakterien sterben und wir sie nicht trinken.“, erkläre ich ihr. Sie sieht mich mit großen Augen an, wirkt aber zufrieden.
„Naja, aber das ist doch dann gut. Dann kann uns ja nichts passieren!“, sagt sie.
„Doch, durch die Medikamente die wir mit der Milch trinken, gewöhnt sich unser Körper an diese Medikamente und wenn wir dann mal so richtig krank werden und wir dann tatsächlich Medikamente brauchen, können diese gar nicht mehr wirken! Aber das ist noch gar nicht der traurige Teil.“, vorsichtig versuche ich mich an das für ein 5 jähriges Mädchen wahrscheinlich sensible Thema heranzutasten.
„Was ist der traurige Teil?“, fragt sie neugierig.
„Was muss denn passieren, damit eine Mutter Milch geben kann? Egal ob Kuh, Mensch oder Katze?“, frage ich sie. „Eeeehm sie muss ein Baby bekommen?!“, versucht Harper es.
„Ja genau richtig. Babys brauchen die Milch der Mama dringend um groß zu werden. Kälber wachsen etwas schneller als Menschenbabys, deshalb ist die Kuhmilch besonders fetthaltig. Die Milch von deiner Mama war nicht so fetthaltig, schließlich sollst du ja nicht innerhalb eines Jahres so groß und fett wie eine Babykuh werden, oder?“  „Neeeein“, lacht Harper.
„Trotzdem trinkst du sie und du isst sie in Schokoladenform oder in Käseform, obwohl du diesen hohen Fettgehalt gar nicht brauchst um zu wachsen. Im Gegenteil, du könntest ganz schön dick dadurch werden. Aber der schlimmste Teil kommt erst noch. Was glaubst du, passiert mit den Babykühen?“, frage ich und schaue ihr in die Augen. Ich möchte sie ja auch nicht verstören, selbst wenn es die Wahrheit ist.
„Na die trinken die Milch von ihrer Mama.“, antwortet Harper stolz.
„So sollte es sein, mein Schatz. Aber damit wir die Milch von den Mamakühen bekommen können, müssen wir ihnen ihre Babys weg nehmen. Denn Mamas produzieren nur so lange Milch, wie ihre Babys sie brauchen und auch nur so viel Milch, wie ihre Babys sie brauchen. Also nehmen wir ihnen ihre Babys weg und kommen mit einer Zapfmaschine, die ihnen die Milch klaut und so tut, als wäre es eine Babykuh, damit die Mamas weiter Milch produzieren.“ Und vorher vergewaltigen wir die Kühmütter, damit sie Babys bekommen, selbst wenn die Natur es gar nicht vorsieht, denke ich mir und merke, wie Wut in mir hochkocht. Was glauben wir Menschen eigentlich, wer wir sind?
„Und wo kommen die Babykühe dann hin?“, fragt Harper etwas bedrückt.
Zum Schlachthof, nachdem sie gemästet wurden. Wenn sie „glückliche“ Kühe sein dürfen, dürfen sie eine Weile im Freien grasen und kommen dann erst zum Schlachthof. Oder aber, wenn sie den Jackpot gezogen haben, dann sind sie weibliche Kühe und dürfen viel zu früh als von der Natur vorgesehen, vergewaltigt werden von einem Bauern, der den ganzen Arm in sie hineinschiebt um sie zu schwängern, während sie mit Medikamenten vollgepumpt sind, um von der Tortur nicht zu viel mitzubekommen. Dann enden sie danach genauso wie ihre Mütter und müssen mit ansehen, wie ihre Babys ihnen entrissen werden und haben keine Ahnung, was mit ihnen oder ihren Babys passieren wird, geschweige denn können sie ihnen helfen. Und dann landen sie nach ca. 5 Jahren auch auf dem Schlachthof, obwohl sie eigentlich bis zu 20 – 30 Jahre alt werden könnten, weil wir sie als Milchkühe nicht mehr gebrauchen können, denn schließlich züchten wir sie nur dafür.
„Anna?“, Harper reißt mich aus meinen Gedanken heraus.
„Gute Frage Harper. Weißt du, sie bekommen dann eine Ersatznahrung, die sie sogar noch schneller wachsen lassen soll, als ihre eigene Nahrung. Damit sie möglichst schnell auch Babys bekommen können, um genau wie ihre Mütter Milch für uns Menschen zu produzieren.“, antworte ich ihr schließlich.
„Das ist ganz schön traurig!“, sagt Harper dann.
Danach erklärte ich ihr, wie viele verschiedene Pflanzenmilchsorten es eigentlich gibt und welche man am besten für die unterschiedlichsten Mahlzeiten benutzen kann. Seitdem frage ich sie jeden Morgen nach der Milch, die sie und Noah gerne zum Frühstück mit ihrem Müsli hätten und sie antwortet meistens mit „Hafer“- oder „Kokosmilch“. Michelle hat mir sogar letztens erst erzählt, dass sie am Wochenende explizit nach Kokosmilch gefragt hat, nachdem ihr Vater ihr die Kuhmilch geben wollte.

Harper liebt aber genau wie Noah Obst und mehr als er noch, Gemüse. Ihre Favoriten sind Avocado, Mangos (übrigens das typische Weihnachtsobst der Australier, wohingegen unsere Mandarinen zur Weihnachtszeit hier ein Sommerobst ist), Orangen und Erdbeeren. Deshalb packe ich von alldem eine Menge in unseren Einkaufswagen. Genauso wie jede Menge frisches Gemüse für unsere Dinner und frisches Obst für mein Frühstück. Unser Einkaufswagen wird immer bunter.
„Chocolaaate milllllk“, ruft Noah immer wieder. „Yay, yay, yaaaaayyy“. Fast schon wie ein Singen hört sich das ganze an. Dabei strahlen seine Augen so sehr, dass sie den ganzen Supermarkt erleuchten könnten und er hat ein breites Grinsen aufgesetzt.
„Na da ist aber jemand gut gelaunt.“, sagt eine Frau im Vorbeigehen.
„Natürlich ist er das, ich hab‘ ihm ja auch Schokomilch versprochen!“, antworte ich ihr und wir beide fangen an laut zu lachen.
Es könnte wirklich schlimmer sein heute. Es gab Tage, an denen hat Noah nur laut gebrüllt oder geweint. Einmal war es so schlimm, dass einer der Angestellten zu uns kam und ihm Kuchen geschenkt hat, nur damit er aufhört so ein Theater zu machen.
Wir packen unseren Einkaufswagen noch voll mit einer halben Milchbar, ein paar Utensilien zum Backen (Kokosöl, Backkakao und Apfelmuß) und jeder Menge Bohnen und Kichererbsen. Moment mal, wieso sind da lauter Kekse und Schokolade in dem Einkaufswagen?
„Du kleiner Frechdachs. Wann hast du die denn hinein geworfen?“, sage ich ihn und kann mir ein Lachen nicht verkneifen. Noah zuckt nur mit den Achseln und grinst in sich hinein. Na gut, also wieder zurück zu dem anderen Gang. Im Zick-Zack laufe ich durch den Supermarkt und schnappe mir unterwegs neuen Kümmel. Gut, dass ich daran gedacht habe. Der war ja auch schon wieder leer. Und was ist bitte ein Gericht ohne Kümmel?
Außerdem brauche ich noch etwas Tofu für das Lieblingsgericht der ganzen Familie: Chili ohne Chili und ohne Fleisch. Also im Prinzip Bohneneintopf mit Tofuhack und Mais. Oh und jeder Menge Knoblauch natürlich. Kein Wunder, dass es alle so gerne essen. Dazu gibt es immer Guacamole, also vielleicht sollte ich noch einmal zurück gehen und mehr Avocados einpacken.
So geht es dann die nächste halbe Stunde weiter, weil ich immer wieder etwas vergessen habe und da meine Liste nicht aus einer bestimmten, logischen Reihenfolge besteht, laufe ich quasi nur hin und her. Das ist wirklich etwas, dass ich noch lernen muss. Noah scheint langsam die Geduld zu verlieren, denn abgesehen davon, dass er immer wieder versucht, ungesunden Schnützkram in den Einkaufswagen zu schmuggeln, den ich dann wieder aussortieren und zurück bringen muss, schreit er jetzt: „BUY CHOCOLATE MILLLK!!!“ und sieht mich dabei ziemlich böse an.
„Jaja okay, hast ja Recht du kleiner Giftzwerg!“, antworte ich und schiebe ihn zurück Richtung Kühlregal.

An der Kasse angekommen, scheint bei dem Kassierer der pure Stress auszubrechen. Dabei kennt er mich doch schon und weiß, dass ich mein Gemüse und Obst nicht in diese lächerlichen Plastiktüten packe. Ich kaufe ja nicht einmal die großen, normalen Gurken mehr, weil es hier keine einzige gibt, die nicht komplett in Plastik eingeschweißt ist. Was soll das eigentlich bringen? 
Stattdessen kaufe ich immer die libanesischen, kleinen Gurken (halbe Gurken, wie Harper sie nennt), weil diese nicht in Plastik gepackt sind. Auch weiße, statt braune Pilze musste ich einkaufen, weil es KEINE braunen gab, die nicht fertig abgepackt sind. Spinat könnte ich überhaupt nicht ohne Plastik kaufen. Gleiches gilt für Himbeeren, Blaubeeren und Erdbeeren. Nervig! Da möchte man etwas für die Umwelt tun, aber einem sind oftmals die Hände gebunden. Ich bin wirklich gespannt, wie das ganze mittlerweile in Deutschland aussieht. Am liebsten würde ich ja sogar in die Nähe eines Unverpackt-Ladens ziehen, damit ich überall schön mit meinen Einmachgläsern und Boxen hinlaufen kann, um diese aufzufüllen, anstatt das ganze verpackte Zeug zu kaufen und 3 Mal in der Woche als Einzelperson zur gelben Tonne zu laufen, um den Müll weg zu bringen.
Wie jedes Mal, sage ich auch dieses Mal, dass es mir Leid tut, aber dass ich mich weigere, Plastiktüten zu benutzen.
„Kein Problem“, gibt der Kassierer zurück, doch ich sehe ihm an, dass ihn diese Situation ziemlich stresst.
„Haben Sie eine Rewards Card (Belohnungskarte) ?“, fragt er bevor ich die 220 Dollar bezahlen möchte.
Ach mist, schon wieder zu Hause vergessen! „Nein, heute nicht.“, sage ich und wir beide wissen, dass ich niemals an sie denken werde.
220 Dollar. Ich weiß noch, wie ich mich erschrocken habe, als ich das erste Mal einkaufen ging und wie schlecht mein Gewissen war, als ich die Rechnung meinen Gasteltern am Abend vorgelegt habe.
„Nein, nein. Das ist in Ordnung.“, hatten sie damals gesagt. Das sei wohl ganz normal. Sie wären zwar immer jeden Tag zum Supermarkt gefahren nach der Arbeit, anstatt einmal die Woche einen Großeinkauf zu machen, allerdings haben sie da jedes Mal um die 60-80 Dollar bezahlt. Krass!, dachte ich mir. Das ist eine Menge Geld! 

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